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Kommentar von Antje Mayer

„Czech made“- Kunst à la Dolce-Gabbana

Gallery Display ´, Prag 2000-2004

Die kleine Schau „Czech made“ fand schon im Sommer in der Prager Galerie Display statt (16.6. - 4.7.). Das ist jedoch egal. Ich ernenne sie hiermit zur „Ausstellung des Jahres 2004“. Erstens fand sie an einem überaus lebendigen Ort zeitgenössischer Kunst in Prag statt, der endlich einmal vorgestellt werden muss. Zweitens verlangte die Vorbereitung des Events immerhin geschlagene vier Jahre und da kommt es auf den einen oder anderen Monat nun auch nicht mehr an. Drittens stellte sie treffend, präzise und humorvoll wie keine andere Präsentation heuer die aktuelle Befindlichkeit der Kunstszenen in den ehemaligen Ostblockstaaten dar, beschäftigte sich ironisch mit dem gestörten Selbstverständnis, der Schizophrenie, einer jungen Künstlergeneration, die sich angesichts eines kaum existierenden Kunstmarktes, wohl oder übel Richtung Westen orientieren muss. Eine Ausstellung mit Langzeitwert. Aber ganz von vorne, oder besser vier Jahre zurück.
Man bat damals sechs international schon bekanntere Künstlerinnen, eines ihrer Werke so zu beschreiben, dass man es „nachbauen“ könne: Anatolj Osmolovskij (RUS), Liam Gillick (UK), Monika Sosnowska (PL), Oliver Musovik (Macedonia), Roman Ondák (SK) und Swetlana Herger (DE).
Von den Künstlern verlangte man eine Art Bauanleitung für ihre Arbeiten. Dann machte man sich auf die Suche nach „Volontären“, sehr jungen unbekannten Künstler vor Ort, die diese Werke nach den Instruktionen aus dem Ausland her- bzw. nachstellten. Es fanden sich Dušan Zvara, František Baštář, Mario Chromý, Jiří Týn und Linda Urbánková bereit.
Jene sollten sich sozusagen der -in ganz Zentraleuropa und Asien überaus populären- „Dolce & Gabbana-Technik“ bedienen: Wenn etwas aus dem Kapitalismus begehrenswert oder erfolgreich ist, man es sich aber nicht leisten kann, macht man es sich eben kurzerhand selbst nach, billiger, aber möglichst authentisch. Man kennt das im Grunde schon aus dem Sozialismus. Die nachgemachten „Blue Jeans“ a la West waren nicht nur in der DDR der Schlager.
Die Kunstwerk-Kopien, die kürzlich, nach vier Jahren „Bauzeit“, endlich in der Display zu sehen waren, unterschieden sich denn auf den ersten Blick so wenig von den Originalen wie es ein Dolce & Gabbana-Fake-T-Shirt von einem echten tut. Man präsentierte sozusagen eine Ausstellung auf internationalem Niveau, aber eben „Czech made by“ billigeren Künstler-Arbeitskräften von vor Ort. Eine Idee mit Zukunftschancen für Geldmangel geplagte Kunstinstitutionen im Osten, fanden die Display-Macher.
Findet übrigens auch der Prager Ivan Mečl, Kurator und Herausgeber des tschechischen Kunstmagazins Umělec. „Den hiesigen Kunstschaffenden bleibt nichts anderes übrig, als weiterhin Richtung Westen zu schielen. Nicht, dass wir das so sehr anstreben würden. Das ist reine Überlebensstrategie.“
Die EU-Erweiterung habe und werde nichts für die Kunst- und Galerienszenen in Tschechien ändern, ist Mečls Meinung: „Der Kunstmarkt liegt in Tschechien, wie im übrigen auch in den anderen Beitrittsländern des ehemaligen Ostblocks, seit Jahren quasi brach, da es keine privaten Sammler und Käufer gibt. Nach dem 1. Mai kommt unsereins vielleicht nun leichter an Subventionen und Stipendien heran“, ätzt der Magazinmacher.
So ist auch die „Display“ nicht kommerziell. Zwei Künstler und zwei Kuratoren betreiben die Galerie seit 2001 in einem 65m²-großen Geschäftslokal in Prag Holešovice (Bubenská 3, Metro Vltavská). Fünf Minuten Fußweg von der „hehren Kunst“ haben sie sich niedergelassen, nahe des Messepalastes, in dem die Sammlung des 19. und 20. Jahrhunderts der Prager Nationalgalerie untergebracht ist.
„Das Ziel von Display ist, internationale Kunst nach Tschechien zu bringen und den Austausch mit jungen lokalen Künstler mit dem Ausland zu fördern“, umschreiben die vier Betreiber, Zbynĕk Baladrán, Ondřej Chrobák, Davis Kulhánek und Tomáš Svoboda in Kürze ihr Programm. „Display sieht sich als Botschafter junger zeitgenössischer tschechischer Kunst im Ausland“, so die Vier. „Display ist ein Experiment, aber will kein ‚alternativer Ort’ sein. Alternativ zu was? Wir sehen uns lieber als ein Hybrid. Was bleibt uns auch angesichts der aktuellen Situation anders übrig, als extrem flexibel zu agieren; mal staatlich unterstützt, mal unabhängig, mal geplant und mal intuitiv die Dinge anzugehen.“ Oder eben Czech made.



Bis 18. November 2004 zeigt Display in der MOTORENHALLE - Projektzentrum für zeitgenössische Kunst in Dresden noch junge Künstler aus Tschechien und in der Prager Galerie Display bis 21.11. Arbeiten des griechischen Künstlers Vangelis Vlahos.
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